Die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften fordert die kommende Bundesregierung auf, gemeinschaftliche Energieprojekte in der Legislaturperiode 2025-2029 zu berücksichtigen und zu fördern.
Die 951 beim DGRV organisierten Energiegenossenschaften leisten einen wichtigen Beitrag für die Akzeptanz und aktive Teilhabe der Bürger:innen an der Energiewende. Über 220.000 Menschen engagieren sich in genossenschaftlichen Energieprojekten. Gemeinschaftliche Energieprojekte von den Menschen vor Ort sichern regionale Wertschöpfung und demokratische Mitbestimmung. Wir fordern deshalb alle Parteien auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, die gemeinschaftliche Energieprojekte berücksichtigen und fördern.
I. Energiegenossenschaften insgesamt stärken
II. Forderungen für die Strompolitik
Der zunehmende Anteil an Strom aus erneuerbaren Quellen macht eine Neugestaltung des Strommarktes notwendig. Dabei ist es unverzichtbar, dass das gute EE-Investitionsklima in Deutschland und das Erreichen der Klima- und EE-Ausbauziele weiterhin durch eine gesetzliche Finanzierung abgesichert wird. Der von der EU geforderte Rückzahlungsmechanismus muss dabei unkompliziert und unter Berücksichtigung aller Akteursgruppen ausgestaltet werden. Einige Vorschläge in der aktuellen Diskussion würden sich negativ auf die Fremdfinanzierung auswirken und damit die Chancen für einen Ausschreibungszuschlag für die Energiegenossenschaften senken. Ein zukünftiges Fördersystem muss allen Marktakteuren die Realisierung von EE-Projekten in allen Marktsegmenten ermöglichen und zuvor in Reallaboren getestet werden.
Die im EEG neu festgelegten Ausbaupfade müssen erreicht werden, damit Deutschland u.a. seine Klimaziele erreicht, unabhängig von teuren Energieimporten wird und als Wirtschaftsstandort gestärkt wird.
Nicht nur die Erzeugung, sondern auch die gemeinschaftliche Stromlieferung von kleinen bzw. mittleren Anbietern wie Energiegenossenschaften aus EE-Projekten vor Ort muss erleichtert werden. Deswegen muss Energy Sharing schnellstmöglich gesetzgeberisch umgesetzt werden. Hierfür müssen die Vorgaben der EU-Kommission zum „Energy Sharing“ in Artikel 22 Abs. 2b Erneuerbare-Energien-Richtlinie umgesetzt werden. Die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV hat hierzu zusammen mit anderen Akteuren einen detaillierten Vorschlag zur Umsetzung von Energy Sharing als Vollversorgungsmodell erarbeitet. Falls eine solche Umsetzung politisch nicht möglich ist, ist nachrangig auch eine Umsetzung von Energy Sharing gemäß Art. 15a EU-Richtlinie 2024/1711 unter besonderer Berücksichtigung von Energiegenossenschaften denkbar.
Die Regelungen für Bürgerenergiegesellschaften in § 3 Nr. 15 und § 22b EEG 2023 müssen näher an der energiegenossenschaftlichen Praxis ausgestaltet werden. Die Definition in § 3 Nr. 15 Folgesatz nach d) EEG 2023 muss aus diesem Grund auf anteilige Kooperationsprojekte von Bürgerenergiegesellschaften erweitert werden. Die Beschränkung für Bürgerenergiegesellschaften auf ein Projekt pro Technologie in einem festgelegten Zeitraum in § 22b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 EEG 2023 muss gestrichen werden.
Welche Bürgerbeteiligungsoption bei einem EE-Projekt in einer bestimmten Region am sinnvollsten ist, kommt immer auf die Bedingungen und Bedürfnisse vor Ort an. Aus diesem Grund sollte in Deutschland weiterhin die Freiheit bestehen, dass die relevanten lokalen Partner das regional richtige Bürgerbeteiligungsmodell frei verhandeln können. Die Umsetzung in einer Energiegenossenschaften oder zusammen mit einer Energiegenossenschaft ist für uns von allen Bürgerbeteiligungsmöglichkeiten das bevorzugte Modell, weil dies die aktivste Form der Teilhabe ist. Bürgerbeteiligungsdeckel dürfen deswegen bundesgesetzlich nicht eingeführt werden.
Eine wirtschaftliche Direktvermarktung von EE-Anlagen unter 100 kWp ist bisher nicht möglich. Deswegen darf die Direktvermarktungsgrenze gesetzlich nur abgesenkt werden, wenn Direktvermarkter (bzw. andere Dienstleister) aufgrund von massentauglichen Prozessen und/oder geringeren gesetzlichen Anforderungen, EE-Anlagen unter 100 kWp überhaupt direkt vermarkten können und zwar in einem wirtschaftlichen Rahmen. Solange dies nicht gewährleistet ist, dürfen die Direktvermarktungsgrenzen nicht gesenkt werden.
Das Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ muss schnellstmöglich auf alle Solarprojekte sowie alle Projekte im Bereich der erneuerbaren Stromerzeugung, erneuerbaren Wärme, neuen Mobilität, Energieeffizienz und Digitalisierung im Energiesektor für Energiegenossenschaften bzw. andere Bürgerenergieakteure ausgeweitet werden. Zudem muss die Antragsberechtigung wie bei den Förderprogrammen in Schleswig-Holstein und Thüringen ausgestaltet werden.
Bei EE-Projekten insbesondere bei Wind-an-Land- und PV-Freiflächen-Projekten ist der harte Konkurrenzkampf um geeignete Flächen groß. Dies spiegelt sich auch in steigenden Pachtpreisen wider. In vielen Fällen sind kleinere Marktakteure wie die Energiegenossenschaften nicht in der Lage, diese Pachtpreise zu zahlen. In der Folge werden Wind- und PV-Freiflächenprojekte großen externen Projektentwicklern überlassen und zumeist von auswärtigen Drittinvestoren ohne lokale Bindung betrieben. Dies führt vor Ort zu Akzeptanzproblemen, weil die Anwohner:innen von der Beteiligung an der Energiewende de facto ausgeschlossen werden. Darüber hinaus nimmt die Vielfalt der Akteure ab und der Wind-an-Land- bzw. PV-Freiflächenmarkt konzentriert sich zunehmend auf große Marktteilnehmer. Durch die steigenden Pachtpreise befürchten wir zudem eine abnehmende Bereitschaft von Seiten der Projektierer für regionale Beteiligungslösungen. Die Pachtpreise für Wind-an-Land- und PV-Freiflächenprojekte müssen deswegen gedeckelt werden.
Der langsame Netzausbau darf nicht zum Hindernis für einen flächendeckenden Ausbau der erneuerbaren Energien werden. Nach den Rekord-Ausbauzahlen in den letzten Jahren kommt es vermehrt zur Abschaltung von PV- und Windkraftanlagen aufgrund von Netzengpässen. Um die Systemstabilität beim weiteren Ausbau zu gewährleisten und wirtschaftliche Ineffizienzen zu vermeiden, muss neben einem stärkeren Netzausbau auf den vermehrten Einsatz von Speichern gesetzt werden. Beim Ausbau dieser Technologie muss eine sozialgerechte Verteilung der Anlagen angereizt werden. Die „Überbauung“ von Netzanschlüssen muss ebenfalls zeitnah gesetzlich normiert werden.
III. Forderungen für die Wärmepolitik
Grundsätzlich gilt, dass der Bau von Wärmenetzen ohne Förderung nicht möglich ist. Daher ist ein verlässlicher, stabiler und auskömmlicher Förderrahmen unerlässlich. Dabei müssen staatliche Förderungen gezielt die verschiedenen Akteure ansprechen und für kleinere, bürgernahe Akteure besondere Bedingungen schaffen, insbesondere für die Projektentwicklungs- bzw. Gründungsphase. Es brauch hier passgenaue Instrumente, die sich sinnvoll ergänzen und ineinandergreifen.
Damit Wärmenetze gebaut und erneuerbare Wärmequellen erschlossen werden können, braucht es langfristiges Kapital. Über Genossenschaften kann privates Kapital für diese Aufgabe mobilisiert werden, die Mitglieder stellen hier das Eigenkapital zur Verfügung. Daneben muss der Großteil der Investition über Fremdkapital finanziert werden. Insbesondere Genossenschaften fällt es mitunter schwer, Zugang zu Fremdkapital zu bekommen. Um dies zu gewährleisten, braucht es daher einen Absicherungsmechanismus, entweder in Form eines bundesweiten Bürgschaftsprogramms oder eines KfW-Kredits mit Haftungsfreistellung. Auch Anreize für eine weitere Stärkung der Eigenkapitaldecke müssen geprüft werden.
Wärmegenossenschaften, welche häufig ehrenamtlich arbeiten, dürfen nicht über Gebühr mit bürokratischen Anforderungen belastet werden, damit sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Dafür muss ihre besondere Situation in der anstehenden Novelle der AVBFernwärmevordnung berücksichtigt werden. Genehmigungen für Wärmenetze und Wärmeerzeugungsanlagen müssen priorisiert und zügig getroffen werden. Die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) muss entbürokratisiert und eine zügige Bewilligung der Anträge sichergestellt werden. Sämtliche bürokratische Anforderungen müssen auf ein Minimum reduziert werden.
Ein Großteil der Wärmegenossenschaften nutzt die Abwärme von Biogasanlagen oder betreibt selbst Anlagen zur Biomassenutzung. Bisher ist die fehlende Zukunftsperspektive für Biogasanlagen eine Gefahr für viele Wärmegenossenschaften. Wir fordern, dass insbesondere Biogasanlagen mit Wärmenetzanschluss weiterhin gefördert werden, um die Wärmewende auf dem Land nicht zu gefährden. Auch die nachhaltige Nutzung von regionalen Biomassepotenzialen darf für genossenschaftliche Wärmenetze nicht eingeschränkt werden.
Das Forderungspapier der Energiegenossenschaften finden Sie hier.
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