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Wichtiger Player der Transformation


Ein Beitrag von Dr. Andreas Wieg Leiter der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV


„Genossenschaften sind ein wichtiger Player bei der Gestaltung der Transformation zu einer digitalen und klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft“, sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner anlässlich des Jahresempfangs der deutschen Genossenschaften am 25. Januar 2022. Das diesjährige Event fand traditionell im Hause der DZ Bank in Berlin statt – dieses Jahr abermals coronakonform ohne Publikum vor Ort, dafür aber mit 1.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Livestream. Auf einer der ersten öffentlichen Veranstaltungen nach seiner Ernennung betonte der neue Bundesfinanzminister, dass die liberale Idee der Genossenschaften auch nach über 150 Jahren noch überzeugt. Er bezeichnete sie als einen bedeutenden Pfeiler der sozialen Marktwirtschaft und erklärte, dass sie nicht aus dem Alltag und Wirtschaftsleben wegzudenken sei.

Mit Blick auf die Volksbanken und Raiffeisenbanken betonte Lindner: „Die Genossenschaftsbanken sind ein wichtiger Partner des deutschen Mittelstands. Bei den Verhandlungen über die europäische Bankenunion werde ich mich für den Erhalt der Institutssicherung der Genossenschaftsbanken und Sparkassen stark machen. Zusätzliche Belastungen für kleinere und mittlere Banken gilt es zu vermeiden.“

Aus dem Dialog mit dem Finanzminister lässt sich ein klares Fazit ziehen: Die Transformation zu einer nachhaltigeren und digitalen Wirtschaft ist zwar eine große Herausforderung für den Mittelstand, doch Genossenschaften können als Partner der mittelständischen Wirtschaft diesen Weg erleichtern. Doch es bedarf besserer Rahmenbedingungen, damit die Transformation auch aus eigener Kraft und mit den besten unternehmerischen Ideen gelingt.

Deswegen wurden im Rahmen des Events auch Vorschläge wie etwa eine Reform des Unternehmenssteuerrechts unterbreitet. Dieses sollte investitionsfreundlicher ausgestaltet werden, um insbesondere den langfristigen finanziellen Handlungsspielraum mittelständischer Unternehmen zu stärken. Konkret wurde eine bessere Verlustverrechnung angesprochen, die bei den Unternehmen für mehr Liquidität sorgen würde. Die für den Umbau der Wirtschaft erforderlichen langfristigen Investitionen könnten dadurch besser aus der Wirtschaft selbst heraus finanziert werden.

Energie-
genossenschaften stärken


Am gleichen Tag fand traditionell auch wieder der Bundeskongress genossenschaftliche Energiewende statt. In seinem Impulsvortrag stellte der Parlamentarische Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Oliver Krischer die Bedeutung von Energiegenossenschaften heraus: „Energiegenossenschaften sind das bürgerschaftliche Rückgrat der Energiewende. Sie nehmen die Menschen vor Ort mit und fördern so die Akzeptanz für erneuerbare Energien.“

Trotz dieser positiven Effekte der Bürgerbeteiligung sind in den vergangenen Jahren – insbesondere aus der Perspektive kleinerer Akteure – die gesetzlichen Bestimmungen für den Ausbau erneuerbarer Energien verschärft worden. Insbesondere die Ausweitung von Ausschreibungen für die Solar- und Windenergie wirken wie ein Hemmschuh.

Das hat auch die Stimmungslage unter den Energiegenossenschaften eingetrübt. Nach der DGRV-Jahresumfrage 2021 planten nur noch 38 Prozent der Energiegenossenschaften Projekte in diesem Bereich. Im Jahr 2020 waren es noch 54 Prozent, 2018 sogar 72 Prozent. Große Anbieter haben bei Ausschreibungen einen systematischen Vorteil gegenüber Energiegenossenschaften und anderen kleineren Akteuren.

Das soll sich zukünftig ändern: „Die neue Bundesregierung wird deshalb Rahmenbedingungen für eine beschleunigte Energiewende setzen, die auch die Energiegenossenschaften unterstützen werden“, sagte Krischer. Konkret kündigte er ein Oster- und ein Sommerpaket an.

Beim ersten Gesetzespaket sollen kurzfristige Maßnahmen beschlossen werden, die insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) betreffen. Herzstück sind die Erhöhung der Zubaumengen für erneuerbare Energien und die Anpassung der Fördersätze. Konkret mit Blick auf die Bürgerenergie sind die Einführung des Energy Sharings, die Prüfung eines Risikoabsicherungsfonds und die Ausschöpfung der EU-De-minimis-Regelungen geplant.

Energy Sharing wurde in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie festgelegt. Demnach sollen Energiegenossenschaften darin unterstützt werden, den Strom aus eigenen Erneuerbare-Energien-Anlagen gemeinsam zu nutzen. Das heißt: Energiegenossenschaften sollen nicht mehr einfach nur ins Netz einspeisen, sondern direkt ihre Mitglieder beliefern können. Damit dies wirtschaftlich möglich wird, sind neue Rahmenbedingungen erforderlich.

Zudem soll ein Risikoabsicherungsfonds eingeführt werden. Vorbild könnte der Bürgerenergiefonds in Schleswig-Holstein sein. Energiegenossenschaften, die beispielsweise ein Solar- oder Windprojekt umsetzen möchten, können hiermit bis zu 200.000 Euro ihrer Planungskosten vorfinanzieren. Sollte das Projekt scheitern, müssten sie den Betrag nicht zurückzahlen. Diese Maßnahme würde den strategischen Nachteil von Bürgerenergieakteuren gegenüber großen Projektierern ausgleichen.

Schließlich sollen noch die von der EU vorgegebenen De-minimis-Grenzen der Leitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen ausgereizt werden. Die Leitlinien sehen vor, dass Solaranlagen bis zu 6 MW installierter Leistung und Windenergieprojekte an Land bis zu 18 MW nicht über Ausschreibungen gefördert werden müssen. Vielmehr kann dies auf nationaler Ebene über eine EEG-Vergütung oder eine Marktprämie ausgestaltet werden.

Die Ankündigungen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sind ein positives Signal für die Energiegenossenschaften. Sie werden die Handlungsmöglichkeiten für bürgergetragene Initiativen deutlich verbessern. Allerdings müssen den Worten nun auch Taten folgen.

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