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Blockchain – mehr als Kryptowährung


Ein Beitrag von Paul Heitmann, Abteilungsleiter Informationstechnik beim DGRV, für unser Fachmagazin PerspektivePraxis.


Obwohl der mediale Hype um die Kryptowährung Bitcoin bereits abflaut, ist das Thema im wirtschaftsjounalistischen Mainstream angekommen. In das öffentliche Interesse sind aber auch die den Kryptowährungen zugrunde liegenden Technologien gerückt. Der Begriff Blockchain fasst diese zusammen. Wir erläutern die Funktionsweise der Technologie, ihre Anwendung bei Bitcoin und werfen einen Blick auf weitere Anwendungsfelder.

Blockchain – Was ist das?


Kette aus Blöcken – das ist die wörtliche Übersetzung von Blockchain. Anhand der Übersetzung lässt sich erklären, wie die Technologien grundlegend funktionieren. In der Informatik steuern Ereignisse die zeitliche Abfolge eines Programmvorgangs. Die Ereignisse werden bei der Blockchain in sogenannten Blöcken gespeichert. Die Datenblöcke bilden zusammen eine Datenbank aus unterschiedlichen Ereignissen. Auslöser der Ereignisse sind die Teilnehmer. Jeder dieser Teilnehmer signiert das von ihm ausgelöste Ereignis digital. Mit der Signatur wird eine elektronische Unterschrift geleistet, sodass die Ereignisse einem Teilnehmer zugeordnet werden können. Das Ereignis wird mit anderen Teilnehmern geteilt. Dies geschieht nach einem festgelegten Verfahren, Konsensverfahren genannt. Erst wenn die Mehrheit das Ereignis bestätigt, wird es einem Block zugeordnet. So wird verhindert, dass ein Teilnehmer dasselbe Ereignis mehrfach nutzt.

Der Block kann nun fertiggestellt und der Datenbank zugefügt werden. Diese Aufgabe übernimmt ein Teilnehmer, der sogenannte Miner. Um die Aufgabe zu erfüllen, bedarf es besonderer Rechenleistung. Dies ist ein weiterer Schutzmechanismus und ähnelt der Eingabe von Passwörtern oder dem Lösen von einfachen Rechenaufgaben etwa bei Anmeldungen im Internet. Der Nachweis dieser Leistungen wird „Proof of Work“-Konzept genannt. Dieses Konzept wurde gewählt, um in einem Netzwerk ohne zentrale Instanz zu entscheiden, wer jeweils Miner sein soll. Im nächsten Block wird ein eindeutiger Verweis auf den Vorgängerblock gespeichert, sodass eine Kette entsteht. Die Kette aus Blöcken bildet so eine Datenbank aus vernetzten Ereignissen. Diese Datenbank wird auf den Computern aller Teilnehmer gespeichert. Es gibt keinen zentralen Datenspeicher.

Kryptowährungen – Wie funktionieren sie?


Kryptowährungen wie Bitcoin nutzen die Blockchain für Zahlungsvorgänge. Die Zahlung ist das Ereignis, das der Teilnehmer mit beispielsweise der Bitcoin-Software auf seinem PC auslöst. Die angeforderte Zahlung wird über das Internet an die anderen PC mit der Bitcoin-Software übertragen. Diese prüfen die empfangenen Daten nach festgelegten Regeln und nehmen die Zahlung in einen Zwischenspeicher auf. Um die Zahlungen im Zwischenspeicher zu einem Block zusammenzufassen, wird von dem so genannten Miner eine kryptografische Aufgabe gelöst, also etwa ein Code entschlüsselt. Der Block wird an die anderen PC mit der Bitcoin-Software übertragen. Der Block enthält auch eine Referenz zum vorhergehenden Block. So entsteht die Kette. Alle Teilnehmer können die Blöcke der Kette einsehen und damit die Zahlungen nachvollziehen.

Mit der Blockchain können Werte ohne zentrale Instanz ausgetauscht werden. Nachteile bestehen im extrem hohen Energiebedarf für die Erstellung der Blöcke und der Zeitdauer bis zur finalen Bestätigung der Transaktion. Allgemeiner formuliert können mit der Blockchain Abläufe organisiert werden, ohne dass die Beteiligten einander oder einer Zentralinstanz vertrauen. Die Transaktionskosten und -dauer sind jedoch ungleich höher als in zentralisierten Systemen. Hauptursache dafür ist der gewählte Konsensmechanismus „Proof-of-Work“. Mit Alternativen hierfür setzt sich die aktuelle Forschung und Entwicklung auseinander.

Anwendungsbereiche jenseits von Bitcoin


Während bei Bitcoin das Ereignis in der Zahlung eines Betrages besteht, kann das Ereignis in der Blockchain ganz unterschiedlich definiert sein. So gibt es zahlreiche Ideen vielen Branchen Prozesse zu revolutionieren. Reedereien, die 50 % des weltweiten Containerschiffverkehrs betreiben, haben angekündigt, mit Hilfe von Blockchain die Abfertigung zu digitalisieren. Sie kooperieren dabei mit Häfen und Zollbehörden. In der Genossenschaftlichen FinanzGruppe gibt es Ideen für ein dynamisches Leasing und ein digitales Finanzderivat. Die Firma slock.it aus Mittweida (s. Kasten) war an der Entwicklung eines Systems zum Bezahlen an E-Ladestationen unterschiedlicher Anbieter beteiligt.

Beispiele für den tatsächlichen Einsatz


Die britische Firma Everledger betreibt eine auf der Blockchain basierende Lösung für die Diamanten- und Schmuckindustrie, mit deren Hilfe alle Beteiligte ­ Hersteller, Händler und Kunden ­ den Weg eines Diamanten vom Ursprung bis zum Endkunden nachvollziehen können. Inzwischen hat Everledger den Weg von über zwei Millionen Diamanten aufgezeichnet.

Das französische Versicherungsunternehmen Axa bietet über eine auf einer Blockchain basierenden App eine Versicherung gegen Flugausfälle und -verspätungen an. Aufgrund der zentral verfügbaren Information über das Schadensereignis erfolgt die Auszahlung im Schadensfall automatisiert. Selbstverständlich erfüllt die App die Vorgaben der staatlichen Versicherungsaufsicht.

Das World Food Programme der Vereinten Nationen (WFP) hat das Projekt „Building Blocks – Blockchain for Zero Hunger“ aufgesetzt. Ende 2017 wurde in einem Flüchtlingslager die Auszahlung von Hilfsgeldern und die Bezahlung im Supermarkt auf ein auf der Blockchain basierendes System umgestellt. Mittlerweile werden 100.000 Flüchtlinge in Jordanien so versorgt. Neben den verringerten Transaktionskosten ergeben sich weitere Vorteile. Das WFP muss kein Geld mehr an unsichere lokale Finanzinstitutionen herausgeben, sondern kann entsprechend der erfolgten Ausgabe der Artikel an die Flüchtlinge die Rechnungen direkt den Anbietern bezahlen. Die Nachprüfbarkeit, die die Blockchain mit sich bringt, vereinfacht die Abrechnung und die von den Geberländern gewünschten Audits.

Fazit


Die Blockchain ist ein Mix moderner Technologien, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern. Die Energiegenossenschaft EWS in Schönau wählt in diesem Rahmen einen anderen Mix aus Informations- und Kommunikationstechnologien, um den Handel zwischen Verbrauchern und Anbietern der Ware Energie zu ermöglichen. Das Anforderungsprofil sollte die Auswahl der Technologien bestimmen und nicht der aktuelle Hype oder persönliche Vorlieben.

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