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DGRV in Paraguay


Ein Beitrag von Carla Seidel, Projektassistentin des DGRV Paraguay


Wer sich aus Paraguays Hauptstadt Asunción ein paar Stunden ins Landesinnere bewegt, kann auf Ortschaften stoßen, in denen die Angaben auf Gebäuden oder Straßenschildern auf Spanisch und Deutsch zu finden sind. Man kann deutschsprachiges Radio empfangen und in der Schule wird auch auf Deutsch unterrichtet. Der Ursprung hierfür liegt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In mehreren Schüben sind deutschsprachige Mennoniten nach Paraguay migriert. Sie haben dort in verschiedenen abgelegenen Regionen des Landes Ortschaften gegründet.

Die Ausgangsbedingungen waren schwierig. Oftmals fehlten Straßen oder eine funktionierende Wasserversorgung. Heute verfügen diese Ortschaften über eine eindrucksvolle Infrastruktur mit Krankenhäusern, Schulen oder Altenpflegeheimen. Die deutschen Einwanderer brachten aber auch die genossenschaftliche Idee mit in die neue Heimat. Sie gründeten Genossenschaften – vor allem für die Verarbeitung und Vermarktung ihrer landwirtschaftlichen Produktion.

Genossenschaftliche „Nachbarschaftshilfe“


Inzwischen sind diese Genossenschaften zu gut funktionierenden Unternehmen herangewachsen. Sie können sich am Markt behaupten und leisten einen wichtigen Beitrag für ein stabiles Einkommen ihrer Mitglieder. Im Sinne der genossenschaftlichen „Nachbarschaftshilfe“ engagierten sie sich außerdem bei der Gründung neuer Genossenschaften, deren Mitglieder überwiegend paraguayische Kleinbauern sind. Diese jungen Genossenschaften unterstützt der DGRV im Rahmen des Coop-Sur-Projekts, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gefördert wird. Neben Paraguay stehen dabei auch Peru, Bolivien, Uruguay und Chile im Fokus. Unter der Überschrift Mikroverarbeitung von Produkten aus landwirtschaftlichen Familienbetrieben wird versucht, regionale Wertschöpfungsketten zu stärken.

Beispielsweise sollen gemeinschaftliche Sammelzentren für die Kleinbauern ausgebaut werden, damit ihre Agrarprodukte gemeinsam weiterverarbeitet oder veredelt werden können. Insgesamt sollen durch die Zusammenarbeit die Zugänge zum Beschaffungs- und Absatzmarkt erleichtert werden. Die Agrargenossenschaft Cuatro Vien-tos (Vier Winde) ist eine der Genossenschaften, welche durch die Nachbarschaftshilfe entstandenen ist. Im Rahmen der Projektarbeit konnte „ein neues Kapitel ihrer Geschichte“ beginnen, wie es dessen Präsident Luis Ojeda beschrieb. Es wurden Maschinen sowie technische Hilfsmittel an die Genossenschaft übergeben, die über das Sammelzentrum den Mitgliedsbauern zur Verfügung stehen. In erster Linie werden damit Bohnen, Mais und Sesam verarbeitet. Präsident Ojeda betonte, dass die neuen Maschinen die Arbeitsgeschwindigkeit erhöhen und damit die Leistungsfähigkeit der Genossenschaft insgesamt steigern. Neben der Effizienz wird aber auch die Produktqualität gesteigert, da die Sortierung und Reinigung der Produkte verbessert wurde. Mithilfe von Feuchtigkeitsmessern kann zudem die ausreichende Trocknung kontrolliert werden.

Die bessere Produktqualität wirkt sich direkt auf das Einkommen der Bauern aus. Qualitätsmängel werden nämlich direkt mit Preisabzügen durch die Zwischenhändler bestraft. Nun ist sogar der Zugang zu neuen, höherpreisigen Märkten möglich. Von Bedeutung ist auch der Beitrag der Maschinen zur Arbeitssicherheit: So ersetzte ein Förderband eine zuvor genutzte Leiter. Mitarbeiter mussten bislang bis zu 50 Kilogramm schwere Säcke auf ihren Schultern transportieren. Die Leiter hatte bereits zu einigen Unfällen geführt. Zudem litten Mitarbeiter an den Folgen der schweren Lasten.

Nachhaltige Vermarktung


Gerade landwirtschaftliche Produkte unterliegen natürlichen Qualitätsschwankungen. Produkte, die nicht verkauft werden konnten, mussten bislang oft entsorgt werden. Die Reinigungsund Sortiermaschinen ermöglichen es nun, die Produkte bereits nach ihrer Qualität zu sortieren. Die ebenfalls erworbenen Nähmaschinen ermöglichen es, die nach Qualität sortierten Produkte gut verpackt in Säcken anzubieten. Erzeugnisse mit schlechter Qualität sowie Schalen können noch als Tierfutter verkauft werden, womit – ganz im Sinne der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft – kaum noch Abfälle in der Produktion entstehen. Mit den neuen technologischen Möglichkeiten ist nun auch der Verkauf unter einer eigenen Marke angedacht. Cuatro Vientos soll aber kein Einzelfall bleiben. Der DGRV ist bereits mit einer weiteren Genossenschaft im Austausch, für die ebenfalls Hilfsmittel und Maschinen angeschafft werden sollen. Bei ihr steht die Optimierung bei der Verarbeitung von Obst und Gemüse im Fokus.

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