Ein Beitrag von WP Robert Siegl, Referent Grundsatzabteilung beim DGRV
„Irren ist menschlich.“ So sagt es ein altes Sprichwort, das einst vom Philosophen Seneca niedergeschrieben wurde. Heute, rund 2.000 Jahre später, ist festzustellen, dass sich am Wahrheitsgehalt dieser Aussage nichts verändert hat. Dort, wo Menschen Entscheidungen treffen, ist auch immer mit Fehlentscheidungen zu rechnen. Sie sind ein unvermeidbarer Teil des menschlichen Daseins. Die Gründe hierfür sind vielfältig.
Gerade in der Wirtschaft können falsche Darstellungen im Jahresabschluss oder Fehlentscheidungen des Managements, die sowohl aus dolosen Handlungen als auch Irrtümern resultieren können, große Auswirkungen auf eine Vielzahl von Personen haben. So führt die Aufdeckung von Bilanz- und Korruptionsskandalen regelmäßig zu Unternehmenszusammenbrüchen, was in jüngerer Vergangenheit z. B. der Fall der Wirecard AG gezeigt hat. Aber auch die über einen langen Zeitraum unentdeckt gebliebenen Aktivitäten, die bei der Volkswagen AG zum Abgasskandal geführt hatten, ließen Zweifel an den dort eingerichteten Überwachungsmechanismen aufkommen. Solchen Risiken sind jedoch nicht nur große börsennotierte Konzerne ausgesetzt, sondern Unternehmen jeder Größe und Rechtsform – und somit auch die Genossenschaften.
Der Wunsch der Stakeholder nach einer bestmöglichen Vermeidung ungewollter Entscheidungen und Aktivitäten ist dem Thema daher immanent und mündet regelmäßig in einem System aus Regelungen zur Steuerung und Überwachung der Unternehmensaktivitäten, das vom Management und dem Personal implementiert und aufrechterhalten wird. Ein solches Geflecht aus Regelungen und Mechanismen wird in der Fachliteratur und auch vom Institut der Wirtschaftsprüfer e. V. als Internes Kontrollsystem (IKS) definiert. Die Pflicht zur angemessenen Ausgestaltung des IKS ergibt sich (nicht nur) für Genossenschaften im Wesentlichen aus den Sorgfaltspflichten der Vorstandsmitglieder zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung, die in diesem Zusammenhang auch vom Aufsichtsrat überwacht wird.
Gerade in einer Zeit, in der sich die mikro- und auch makroökonomischen sowie die gesetzlichen Rahmenbedingungen rasch ändern können und Unternehmen sich einer Vielzahl von Herausforderungen ausgesetzt sehen, bietet ein angemessenes und wirksames IKS einen strukturierten Rahmen, um die Integrität und Effizienz von Geschäftsabläufen zu ermöglichen. Inhärentes Ziel ist es hierbei, eine hinreichende Sicherheit über die Zielerreichung der Unternehmung im Hinblick auf die Verlässlichkeit der Rechnungslegung, die Wirksamkeit und Effizienz der Unternehmensaktivitäten sowie die Einhaltung der maßgebenden Rechtsvorschriften sicherzustellen. Interne Kontrollsysteme sind daher ein wesentlicher Eckpfeiler des langfristigen Erfolgs und der Stabilität eines Unternehmens und somit Bestandteil einer verantwortungsvollen Unternehmensführung.
Aber auch die Anforderungen an die individuelle Ausgestaltung des Internen Kontrollsystems befinden sich in einem stetigen Wandel. Neue Herausforderungen wie weiteres Wachstum und wirtschaftliche Vernetzung von Unternehmen, eine fortschreitende Digitalisierung, Möglichkeiten der Nutzung von KI, aber auch wachsende regulatorische Anforderungen, etwa im Bereich des Datenschutzes, der Nachhaltigkeit oder der Rechnungslegung, unterstreichen einmal mehr die Notwendigkeit, sich gezielt mit diesem Thema auseinanderzusetzen, um den hiermit einhergehenden Risiken frühzeitig und wirkungsvoll entgegentreten zu können. Es ist daher unabdingbar, das unternehmensindividuelle Interne Kontrollsystem sach- und anforderungsgerecht zu etablieren sowie kontinuierlich weiterzuentwickeln und eine Pflege desselben nicht als entbehrlich anzusehen.
Aufgrund der fortwährenden Aktualität des Themas ist in diesem Zusammenhang kürzlich die 5. Auflage des Bands 12 der DGRV-Schriftenreihe „Internes Kontrollsystem und Interne Revision in Waren-, Dienstleistungs- und Agrargenossenschaften“ erschienen. Das Werk erläutert die Bedeutung und Möglichkeiten der inhaltlichen Ausgestaltung von Internen Kontrollsystemen sowie die Stellung und Tätigkeit der Internen Revision in einem Unternehmen. Es richtet sich vor allem an den Vorstand und an die mit dem Internen Kontrollsystem befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer Genossenschaft, kann aber auch Aufsichtsräte oder Beraterinnen und Berater im Bereich Interne Kontrollsysteme/Interne Revision bei ihrer Arbeit unterstützen.