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Mit Cashews in die Zukunft


Ein Beitrag von Andreas Kappes, Leiter Abteilung internationale Beziehungen beim DGRV

Genossenschafts-
förderung in Kambodscha


Cashewfrucht

Viele von uns machen sich kaum Gedanken darüber, wo Cashewkerne wachsen und wie sie verarbeitet werden. Der Verarbeitungsprozess ist aufwändig: trocknen, schälen, rösten. Das bedeutet im DGRV-Projektland Kambodscha viel Handarbeit. Damit sich das auch für kleinbäuerliche Betriebe lohnt, werden hier – wie auch in anderen Anbauregionen der Welt – genossenschaftliche Kooperationen gegründet.

Die Sonne brennt, es sind fast 40 Grad. Gelbe, rote oder orangene Früchte hängen an den Ästen – an jeder zeigt eine dicke grüne „Nase“ in Richtung Boden. In der Luft liegt ein angenehm süßer Duft. So erlebt man Cashewplantagen bei einem Besuch in der Region Kampong Thom in Kambodscha.

Die reife, farbenfrohe Cashewfrucht ist sehr schmackhaft, aber eigentlich uninteressant. Es geht um den Kern, die äußere „Nase“, die von Hand abgedreht und gesammelt wird. Der Rest der Früchte vergeht meist unter den Bäumen. Anbau, Verarbeitung und die Vermarktung von Cashewkernen sind in der Gemeinschaft einfacher und effizienter möglich. Wie beispielsweise in der Genossenschaft „Phnom Santuk“, die sich rund 200 Kilometer nördlich von der Hauptstadt Phnom Penh befindet. Sie wurde im Jahr 2014 gegründet.

Vor der Lagerhalle der Genossenschaft trocknen die Cashewkerne in der Sonne noch in ihren Schalen. Von Hand müssen sie regelmäßig gewendet und die schlechten Exemplare aussortiert werden. Vor der Gründung der Genossenschaft mussten die Mitglieder die großen Kerne noch einzeln in einem Schäler einspannen, um die sehr harte Schale zu knacken. Da die Schale ein hautreizendes Öl enthält, ist dabei Vorsicht geboten. Daher war es ein großer Fortschritt, als die Genossenschaft vor wenigen Jahren eine einfache Schälmaschine für 5.000 US-Dollar anschaffen konnte. Nun geht es deutlich schneller.

Großes Vermarktungs­-
potenzial


Schälmaschine

Über die Genossenschaft wurden im vergangenen Jahr etwa 30 Tonnen Cashewkerne vermarktet. Das Geschäft läuft mehrheitlich über Aufkäufer, beispielsweise aus Vietnam, die die Cashews ungeschält abholen. Die Möglichkeiten zur Direktvermarktung auf dem lokalen Markt sind sehr begrenzt. Ebenso schwierig ist es, die Qualität der Produkte zu verbessern. Dafür müsste man direkt beim Anbau durch die Mitgliedsbetriebe ansetzen.

Seit 2018 arbeitet der DGRV mit der Genossenschaft zusammen. Gemeinsam mit der Partnerorganisation Buddhism for Development (BFD) werden Schulungen und Beratungen für die Mitglieder angeboten. Mao Saron, Vorsitzender des BFD, betont, wie wichtig professionelle Arbeits- und Verwaltungsabläufe sind: „Die Mitglieder haben gelernt, strukturierter und verlässlicher in der Genossenschaft zusammenzuarbeiten. Wir haben in unserer Genossenschaft eine Buchhaltung mit Belegen. Pünktlich zum 31. März eines Jahres bekommt das Landwirtschaftsdirektorat der Provinz unseren Jahresabschluss.“ Durch die Beratungsarbeit wurde auch der Austausch mit anderen Genossenschaften in der Region aufgenommen. „Es ist sehr wichtig, voneinander zu lernen. Von den Verbesserungen profitiert jeder im eigenen Betrieb“, so Saron weiter.

Die sichtbaren Erfolge der Projektarbeit haben dazu beigetragen, dass die Zahl der Genossenschaftsmitglieder auf 148 stieg. Dahinter stehen Familienbetriebe. Das bedeutet, es sind über 600 Menschen direkt involviert. Sie alle profitieren vom wirtschaftlichen Erfolg der Genossenschaft. Das ist wichtig in einer Provinz, in der die Einkommensmöglichkeiten begrenzt sind.

Das große Potenzial sieht Saron in der Vermarktung: „Wenn es gelingt, gemeinsam mit anderen Cashew-Genossenschaften die Menge und Qualität weiter zu steigern, anerkannte Produktionsstandards sowie ein System der Rückverfolgbarkeit einzuführen, dann sollten wir es auch in die Regale deutscher Supermärkte schaffen.“

Genossenschaftlicher Sektor im Wachstum


Zur Einordnung: Phnom Santuk ist heute eine von landesweit rund 1.200 landwirtschaftlichen Genossenschaften. Zudem gibt es 15 Zentralgenossenschaften. Der landwirtschaftliche Genossenschaftssektor hat rund 150.000 Mitglieder. Der DGRV arbeitet über Partnerorganisationen wie der BFD aktuell mit rund 80 Primärgenossenschaften in dem südostasiatischen Land zusammen. Seit Projektbeginn sind 600 bis 700 Genossenschaften gegründet und beraten worden. Zudem wirkt der DGRV an den gesetzlichen Rahmenbedingungen in Kambodscha mit.

Ein Meilenstein der Arbeit war die Verabschiedung eines Gesetzes für landwirtschaftliche Genossenschaften im Jahr 2013. Dessen Entwicklung wurde über das Büro des DGRV in Phnom Penh über Jahre kompetent begleitet. Es ermöglicht den Aufbau genossenschaftlicher Verbund- und Verbandsstrukturen. Das erhöhte deutlich die Attraktivität der Genossenschaft als Rechtsform im Land.

Im Landwirtschaftsministerium wurde im Jahr 2014 sogar eine eigene Abteilung für Genossenschaftsförderung eingerichtet, die seither ein wichtiger Partner für die Projektarbeit des DGRV ist. Gemeinsam wurden beispielsweise genossenschaftsrelevante Durchführungsverordnungen und Mustersatzungen erarbeitet. Im Jahr 2018 wurde zudem die erste Zentralgenossenschaft gegründet, 2020 folgte die Gründung eines Nationalverbands der landwirtschaftlichen Genossenschaften. Beides mit Unterstützung des DGRV.

Der DGRV wird als internationaler genossenschaftlicher Partner mit starker Verwurzelung im Land geschätzt. Der Ansatz, als deutsche Fachorganisation über Beratungen und Schulungen auf die unternehmerische Entwicklung der Genossenschaften zu setzen, überzeugt. All diese Entwicklungen sind möglich, weil die DGRV-Projekte vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung langfristig gefördert werden.


DGRV Team Kambodscha

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