DGRV kritisiert negative Auswirkungen für Energiegenossenschaften durch Absenkung der Direktvermarktungsgrenze und Förderstopp in Zeiten negativer Strompreise
Heute hat sich das Kabinett im Wachstumspaket auf 49 Maßnahmen geeinigt, um die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu stärken. Vorgesehen ist unter anderem der Abbau von Bürokratie, die Schaffung von Arbeits- und Investitionsanreizen und Vereinfachungen bei Steuerfragen. Das Paket wurde gemeinsam mit dem Haushalt für 2025 verhandelt, wodurch es teilweise zu politischen Kompromisslösungen kam. Im Energiebereich soll u.a. der Markt für Wasserstoff gefördert und die Bereiche Fusionsenergie und Speicherung von CO2 (carbon capture) vorangebracht werden. Relevante Regelungsvorschläge für Energiegenossenschaften sind die Absenkung der Direktvermarktungspflicht auf 25 Kilowatt (kW) sowie der Förderstopp für die Stromeinspeisung in Zeiten negativer Strompreise. Darüber hinaus ist geplant, die Schwelle für die Steuerbarkeit von Anlagen durch die Netzbetreibenden abzusenken.
Die Direktvermarktungspflicht gilt aktuell für Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) ab einer installierten Leistung von 100 kW. Beginnend ab 1. Januar 2025 soll diese Grenze in drei Jahresschritten auf 25 kW abgesenkt werden. Bereits jetzt ist die Direktvermarktung mittelgroßer Anlagen zum Teil schwierig, für kleinere Anlagen steigt jedoch die Unsicherheit, einen Dienstleister zu finden, denn für Direktvermarkter ist die Vermarktung solcher kleinen Strommengen unwirtschaftlich. Direktvermarkter beginnen bereits jetzt, die Direktvermarktungsverträge zu kündigen und einen Neuabschluss für das zwei- bis dreifache Dienstleistungsentgelt anzubieten. Der DGRV spricht sich daher wie auch die Erneuerbaren-Branche und andere Strommarktakteure gegen diese Regelung aus.
Laut Wachstumsinitiative soll die Förderung bei negativen Preisen für Neuanlagen ab dem 1. Januar 2025 ab der ersten Stunde ausgesetzt werden. Bisher kommt es gemäß § 51 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erst nach drei aufeinanderfolgenden Stunden mit negativen Spotmarktpreisen zu einer Verringerung des Zahlungsanspruches. Kleine EE-Anlagen sollen von der Regelung ausgenommen bleiben. Bisher liegt die Grenze dafür bei 400 kW installierter Leistung. Negative Preise an der Strombörse werden unter anderem durch die unflexible durchlaufende Stromproduktion von fossilen Stromerzeugungsanlagen und der zunehmenden Stromproduktion bei fehlender Nachfrage zur Mittagszeit herbeigeführt.
Gemäß den Regierungsparteien trage das Aussetzen der EEG-Vergütung in diesen Zeiträumen zur Lösung des Problems bei. Da im Vorfeld eines Projektvorhabens nicht absehbar ist, wie sich die Preise in Zukunft entwickeln und wie häufig es zu negativen Strompreisen kommen wird, verhindert die Regelung langfristige Planungssicherheit bei der Umsetzung neuer EE-Projekte. So werden die Finanzierungskosten infolge des erhöhten Risikos deutlich steigen. Die Maßnahme könnte den gleichzeitigen Ausbau von Speichern bei der Planung von EE-Anlagen vorantreiben. In diesem Zusammenhang ist die geplante Ausweitung von Planungs- und Genehmigungsvereinfachungen auf den Bereich Speicher zu begrüßen. Zunächst dürfte die Maßnahme jedoch zu einem deutlichen Anstieg an Komplexität bei der Planung und Finanzierung führen, der besonders für kleinere Marktakteure spürbar wird.
Auch wenn es zunächst naheliegend erscheint, dass in Zeiten übermäßigen Angebots und fehlender Nachfrage die Preise sinken, sollte ein Strommarktdesign grundlegend überdacht werden, wenn es zu sinkenden Anreizen beim Ausbau und einer unzureichenden Marktintegration der erneuerbaren Energien führt. An dieser Stelle wird die fehlende Möglichkeit für regionale Eigenversorgungsmodelle (Energy Sharing) deutlich, die es Anlagenbeitreibenden unkompliziert ermöglicht, ihre Region ohne die Teilnahme an der Strombörse zu versorgen.
Die vorgeschlagenen Regelungen im Wachstumspaket machen es besonders kleinen und mittelgroßen Akteuren schwer, in Zukunft am Energiemarkt zu bestehen. Die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV wird sich aktiv in den gesetzgeberischen Prozess einbringen. Da diese Regelungen auf höchster politischer Ebene in der Regierungskoalition beschlossen wurden, gehen wir allerdings nicht davon aus, dass sich an den grundlegenden Inhalten der Neuregelungen im parlamentarischen Prozess noch etwas ändern wird.
Wenn Sie durch die Absenkung der Direktvermarktungsgrenze und der Vergütung bei Stunden mit negativen Preisen Probleme mit Ihren EE-Projekten befürchten, sollten Sie sich mit Ihren Praxishinweisen an ihre:n lokale:n Bundestagsabgeordnete:n wenden. Diese finden Sie über die Wahlkreissuche auf der Internetseite des Bundestages hier.
Die vollständige Wachstumsinitiative finden Sie hier.
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