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Walk for a dream


Ein Beitrag von Veit H. Gesenhues, Projektleiter des DGRV-Regionalvorhabens im Südlichen Afrika


Genossenschaften spielen im mosambikanischen Wirtschaftssystem bisher nur eine sehr kleine Rolle. Dies liegt am mangelnden Wissen über die Chancen und Möglichkeiten, die diese Organisationsform bietet, an der fehlenden Grundbildung in Lesen, Schreiben und Rechnen sowie am fehlenden Kapital.

Ähnlich wie in Deutschland hat auch der Genossenschaftssektor in Mosambik mit einer Überalterung zu kämpfen. Das ist überraschend, denn das Durchschnittsalter der Bevölkerung liegt im Median bei etwa 17 Jahren. Insofern sollte der Genossenschaftssektor in Mosambik nicht nur wachsen, sondern sich auch langsam verjüngen.

Der DGRV setzt sich seit knapp 10 Jahren mit Unterstützung des BMZ dafür ein, die Genossenschaftsidee bei staatlichen Institutionen sowie bestehenden wirtschaftlich aktiven Gruppen bekannt zu machen. Mit einem Jugendprojekt wird nun zum ersten Mal die wichtige gesellschaftliche Gruppe der Jugend direkt angesprochen. Gemeinsam mit dem mosambikanischen Partner wurde ein Pilotprogramm zur Unterstützung von wirtschaftlich aktiven Jugendgenossenschaften organisiert.

Schulwettbewerb für genossenschaftliche Start-ups


Das Pilotprogramm besteht aus einem Wettbewerb zwischen 30  Schulen in 3  Provinzen des Landes und erreicht insgesamt ca. 900  Schüler und etwa 100 Lehrer und Direktoren. Die Schüler werden über einige Wochen zu verschiedenen genossenschaftlichen Themen wie den organisatorischen Aufbau oder die genossenschaftlichen Prinzipien unterrichtet. Zudem werden sie darin geschult, einen belastbaren Geschäftsplan für ein genossenschaftliches Unternehmen zu entwerfen.

Basierend auf diesen Schulungen werden die Schülerinnen und Schüler der teilnehmenden Schulen jeweils einen eigenen Geschäftsplan für ein Unternehmen ihrer Wahl erstellen. Dabei kann es sich z. B. um ein kleines Internet-Café, eine Reparaturwerkstatt oder eine Schneiderei handeln. Die fertigen Pläne werden anschließend bei einer Jury eingereicht.

Die Jury besteht aus Vertretern von verschiedenen öffentlichen und privaten Einrichtungen, einschließlich des DGRV. Die 3  besten Einsendungen werden anhand von Kriterien wie Marktanalyse, Strategie, Chancen und Risiken sowie des Finanzierungsplans ausgewählt. Sie erhalten das notwendige Startkapital für die Geschäftsidee, das vom Regionalprojekt des DGRV zur Verfügung gestellt wird. Zusätzlich werden die 3 Gewinner-Unternehmen im ersten Jahr ihrer Geschäftstätigkeit kontinuierlich gecoacht und unterstützt.

Sollte der Wettbewerb in diesem Jahr ein Erfolg werden, ist für die kommenden Jahre eine Ausweitung auf weitere Provinzen geplant. Außerdem ist eine schrittweise Übergabe des Projektes an mosambikanische Partner geplant. Dies sichert die Nachhaltigkeit des Projektes. Eröffnet wurde der Schulwettbewerb von einer besonderen Persönlichkeit.

Vorkämpferin für Frauen-, Kinder- und Jugendrechte


Graça Machel gehört zu den Personen, die die Geschichte und Politik Afrikas und der Welt stark geprägt haben. Sie war die First Lady von zwei verschiedenen Ländern – Mosambik und Südaf-rika. Ihr erster Mann, Samora Machel, war der erste Präsident Mosambiks nach der Unabhängigkeit von Portugal im Jahr 1975. Graça Machel übernahm neben der Rolle der First Lady von Beginn an auch das Amt der Bildungs-und Kulturministerin von Mosambik, welches sie bis 1989 innehatte.

Ihr erster Ehemann verstarb im Jahr 1986 bei einem Flugzeugabsturz im Dreiländereck von Mosambik, Südafrika und eSwatini. Im Jahr 1998 heiratete sie den südafrikanischen Aktivisten und ersten demokratisch gewählten Präsidenten Südafrikas, Nelson Mandela. Mit ihm blieb sie bis zu seinem Tod im Jahr 2013 verheiratet.

Graça Machel setzt sich bis heute für Frauen-, Kinder- und Jugendrechte ein und engagiert sich für einen nachhaltigen Wandel in Afrika. Anfang Oktober 2021 nahm sie sich die Zeit, das Projekt des DGRV zu eröffnen, welches zusammen mit der mosambikanischen Partnerorganisation Movimento pela Cidadania (Bewegung für Bürgerbeteiligung) durchgeführt wird.

Graça Machel lobt Genossenschaften


In ihrer Eröffnungsrede des Schulwettbewerbs in der Stadt Maxixe, 450 Kilometer nördlich von Maputo in der Provinz Inhambane gelegen, sprach Graça Machel über das anstehende Projekt, aber auch über die enorme Bedeutung von Genossenschaften für die nachhaltige Entwicklung Mosambiks und der ganzen Region. Sie betonte, dass „Genossenschaften in der mosambikanischen Gesellschaft dringend benötigt werden, denn es sind Initiativen, die die Bürger zur Zusammenarbeit ermutigen“.

Weiter sagte sie, dass Genossenschaften es den Bürger ermöglichten, erfolgreicher zu sein. Jeder für sich, aber auch die Gesellschaft insgesamt profitierten davon, wenn man mit anderen auf organisierte und strukturierte Weise zusammenarbeitet. Die genossenschaftliche Idee gehe aber weit über die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage hinaus. Sie vermittle auch soziale, gemeinschaftliche Werte, die dazu beitrügen, dass die Schüler verantwortungsbewusst handeln und soziale Ungleichheiten in der Gesellschaft verringern.

Sie beendete ihre Ausführungen, indem sie den Slogan des Programms zitierte: „Ich möchte diese Initiative begrüßen, einschließlich der Partner, die an der Umsetzung dieses Programms „Walk for a dream through cooperatives in schools“ arbeiten.“ Der Titel des Wettbewerbs ist an die berühmte Autobiographie von Nelson Mandela „Long Walk to Freedom – Der lange Weg zur Freiheit“ angelehnt.

Der DGRV fühlt sich sehr geehrt, dass Graça Machel, eine Person, die einen großen Beitrag zur Entwicklung in Südafrika und Mosambik geleistet hat, sich für das Schulprojekt vor Ort mit einsetzt.

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