Ein Beitrag von PD Dr. Andreas Haaker (CIIA, CEFA), Referent Grundsatzfragen beim DGRV, für unser Fachmagazin PerspektivePraxis.
Und täglich grüßt das Murmeltier mit der Forderung, die Anwendung der internationalen Rechnungslegungsstandards IFRS in Deutschland im Einzelabschluss zuzulassen. Dabei werden die fadenscheinigsten Argumente vorgebracht. Vor dem Hintergrund des anstehenden Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union (Brexit) werden sogar Forderungen laut, in Deutschland neben den handelsrechtlichen Regelungen (ersatzweise) auch die Anwendung der IFRS im rechtsfolgenbehafteten Einzelabschluss zuzulassen. Was die IFRS im Einzelabschluss mit dem Brexit zu tun haben, steht in den Sternen.
Zu unterscheiden sind der Jahresabschluss des rechtlich selbstständigen Unternehmens (Einzelabschluss) und der Konzernabschluss der wirtschaftlichen Einheit rechtlich selbständiger Unternehmen. Bislang ist in Deutschland die Anwendung der Regelungen des Handelsgesetzbuches (HGB) im Einzelabschluss zwingend vorgeschrieben. Dabei wird von der Möglichkeit zur Erstellung eines zusätzlichen IFRS-Einzelabschlusses für reine Offenlegungszwecke (§325 Abs. 2a HGB) kaum Gebrauch gemacht. In diesem Zusammenhang spielt der Einzelabschluss für Informationszwecke neben dem Konzernabschluss keine Rolle (Kosten > Nutzen). Andernfalls würden die nach IFRS bilanzierenden Konzerne diese Zusatzoption nutzen. Faktisch sind die IFRS lediglich im Konzernabschluss anwendbar, wobei für kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen eine IFRS-Pflicht und für nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen ein Wahlrecht zwischen HGB und IFRS besteht.
Die Forderung nach einer möglichen Anwendung des Regelwerks der IFRS anstelle des HGB im rechtsfolgenbehafteten Einzelabschluss ist aus folgenden Gründen abzulehnen (Haaker, VI&I Value Investing & Ideen 13/2017):
Die steigende Komplexität wird aber zu Recht auch für den HGB-Abschluss beklagt. Das Problem der zunehmenden Kompliziertheit des HGB-Abschlusses ist aber letztlich auf das Nacheifern der IFRS durch Gesetzgebung, Standardsetzung und Auslegung zurückzuführen. Durch eine Freigabe der IFRS werden diese Probleme sicher nicht gelöst (a.A. Schmid, DB 2017, S.377). Vielmehr sollten sich auch Anwender und Rechtssetzer bewusst sein, dass die tradierten handelsrechtlichen Rechnungslegungsnormen und die kaufmännisch vorsichtige Bilanzierung einen institutionellen Standortvorteil der deutschen Wirtschaft darstellen. Dieser Standortvorteil darf nicht leichtfertig den hinter der Annäherung an die IFRS-Praxis stehen-den Partikularinteressen und Modernisierungswünschen geopfert werden.