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Koalitionsvertrag und Eröffnungsbilanz


Im Folgenden möchten wir Ihnen die für Energiegenossenschaften relevanten und die generellen Inhalte des neuen Koalitionsvertrags und der Eröffnungsbilanz Klimaschutz des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom 11. Januar 2022 mit Blick auf die Energie- und Klimapolitik vorstellen und eine Einschätzung geben, was diese Inhalte für Energiegenossenschaften bis mindestens 2025 bedeuten könnten.

25. Januar 2022


Der vorliegenden Koalitionsvertrag ist das bisher ehrgeizigste Klimaschutzprogramm einer deutschen Bundesregierung. Ob Deutschland damit aber seinen notwendigen Anteil zum Erreichen des weltweiten 1,5 Grad Ziels leisten kann, wird sich zeigen müssen. Nach einer wissenschaftlichen Analyse vom 3. Dezember 2021 vom DIW Econ im Auftrag der Klima-Allianz Deutschland wird mit den im Koalitionsvertrag festgelegten Maßnahmen der Anteil verfehlt. Selbst die im deutschen Klimaschutzgesetz festgelegten Ziele für 2030 sind allerhöchstens im Energiesektor zu erreichen, aber im Industrie-, Verkehrs-, Gebäude- und Landwirtschaftssektor genügen die Maßnahmen mit aller Wahrscheinlichkeit nicht. Um die Ziele des Klimaschutzgesetzes und das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen, sind Maßnahmen, die über den Koalitionsvertrag hinausgehen, notwendig. (siehe DIW Econ, S. i-iv)

In der Eröffnungsbilanz zieht das Ministerium eine Bestandsaufnahme in der Klimapolitik und leitet daraus konkreten Handlungsbedarf ab, der teilweise die Inhalte aus dem Koalitionsvertrag konkretisiert.

Für Energiegenossenschaften enthält der Koalitionsvertrag viel Licht, aber auch etwas Schatten. Insgesamt lassen viele Textpassagen Interpretationsspielraum, so dass in den nächsten Monaten und die gesamte Legislaturperiode die Details zwischen den drei Koalitionären und Ihren Fachleuten weiterverhandelt bzw. mit konkreten Maßnahmen ausgefüllt werden müssen. Die Eröffnungsbilanz gestaltet den Spielraum des Koalitionsvertrags in einem ersten Schritt positiv aus, in dem es viele geplante eilbedürftige Sofortmaßnahmen in den Bereichen Erneuerbare Energien, Solarenergie, Windenergie, Senkung der Strompreise, Klimaschutzverträge mit der Industrie, Wärmestrategie, Gebäudestandards und -förderung bzw. Wasserstoffstrategie nennt. Sie soll aber nur der Auftakt zur Erarbeitung des im Koalitionsvertrags vereinbarten Klimaschutz-Sofortprogramm sein.

Zeitplan für die eilbedürftigen Sofortmaßnahmen


Ein erstes Gesetzespaket (sog. Osterpaket) mit besonders eilbedürftigen Maßnahmen, in dem auch viele Punkte im EEG reformiert werden sollen, soll um Ostern im Kabinett beschlossen werden und bis zur Sommerpause den Bundestag passieren. Ein Positionspapier zum Osterpaket finden Sie hier.

Die zweite Jahreshälfte 2022 soll dann für den beihilferechtlichen Notifizierungsprozess bei der EU-Kommission genutzt werden, so dass die Maßnahmen zum 1. Januar 2023 in Kraft treten können. Weitere Maßnahmen sollen in einem Sommerpaket zusammengefasst werden, dass bis zur Sommerpause durch das Kabinett und bis Ende des Jahres durch den Bundestag soll.

Präsentation zum Koalitionsvertrag


René Groß, Leiter Politik und Recht bei der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften, präsentiert eine Einschätzung zum Koalitionsvertrag.

Bürgerenergie


Zuerst die sehr guten Nachrichten für Energiegenossenschaften im Koalitionsvertrag: Die Bürger-Energie soll als wichtiges Element für mehr Akzeptanz gestärkt werden. Dieser große Vorteil von Energiegenossenschaften wurde nun erstmalig in einem verbindlichen Regierungsprogramm festgehalten. Die konkreten sich daraus ableitenden Maßnahmen sind, die Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Bürger-Energie im Rahmen des europarechtlich Möglichen in Form von Energy Sharing, der Prüfung eines Risikoabsicherungsfonds und die Ausschöpfung der De-minimis-Regelungen.

Hinter Energy Sharing verbirgt sich das in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie festgelegte Recht für Energiegenossenschaften und andere Bürgerenergieakteure, den Strom aus eigenen Erneuerbare-Energien-Anlagen (EE-Anlagen) gemeinsam zu nutzen, d.h. die genossenschaftliche Mitgliederversorgung. Unter genossenschaftlicher Mitgliederversorgung verstehen wir, dass Energiegenossenschaften ihre eigenen EE-Anlagen wirtschaftlich betreiben können, indem Sie ihre Mitglieder mit Strom beliefern. Im Idealfall wäre dieses Geschäftsmodell so wirtschaftlich, dass neue EE-/Solaranlagen damit angereizt werden.

Der Fonds könnte wie der Bürgerenergiefonds in Schleswig-Holstein umgesetzt werden. D.h. eine Energiegenossenschaft könnte bis maximal 200.000 € ihrer Planungskosten innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren für z.B. ein Solar- oder Windausschreibungsprojekt vorfinanziert bekommen und müsste den Betrag bei Erfolglosigkeit nicht zurückzahlen.

Mit der Ausschöpfung der europäischen de-minimis-Grenzen sind wohl die Grenzen in den Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitlinien und der allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung gemeint. Nach den neuen Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfeleitlinien vom 21. Dezember 2021 könnten Energiegenossenschaften für Solaranlagen bis 6 MW installierter Leistung und für Windenergieprojekte an Land bis 18 MW installierter Leistung weiterhin eine EEG-Vergütung bzw. Marktprämie erhalten und müssten erst über 6 MW an den Solar- und über 18 MW an den Windausschreibungen teilnehmen.

Konkreteres zur Bürgerenergie enthält die Eröffnungsbilanz noch nicht. Im Rahmen der Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ sollen in 2022 konkrete Vorschläge erarbeitet werden, wie die Rahmenbedingungen für die Bürgerenergie verbessert werden können.

Fazit zur Bürgerenergie


Höchsterfreulich und erstmalig wird die Bürger-Energie und damit die Energiegenossenschaften bzw. einer ihrer großen Vorteile „die Akzeptanzförderung“ in einem Koalitionsvertrag explizit genannt und daran auch konkrete Maßnahmen geknüpft. Damit wird das jahrlange unternehmerische und politische Engagement der Energiegenossenschaften nun endlich schriftlich und politisch in einem entscheidenden Dokument wertgeschätzt. Nun müssen die Maßnahmen auch umgesetzt werden. Eine zügige Umsetzung fordern die genossenschaftlichen Regionalverbände und die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV beim Energy Sharing/genossenschaftlichen Mitgliederversorgung, so dass Energiegenossenschaften den Strom aus den eigenen EE-Anlagen an ihre Mitglieder wirtschaftlich liefern können, bei der Einführung eines bundesweiten Risikokapitalabsicherungsfonds für Projekte im Bereich der erneuerbaren Stromerzeugung, erneuerbaren Wärme, neuen Mobilität, Energieeffizienz und Digitalisierung im Energiesektor für Energiegenossenschaften bzw. andere Bürgerenergieakteure wie in Schleswig-Holstein und die Wiedereinführung der EEG-Vergütung bzw. Marktprämie für EE-Anlagen bis 6/18 MW installierter Leistung für Energiegenossenschaften. Zusätzlich müssten für Energiegenossenschaften und andere Bürgerenergieakteure oberhalb der Ausschreibungsgrenzen für Solarstrom separate Ausschreibungen und für Windenergie an Land das Preisübertragungs- oder Listenverfahren eingeführt werden. Für diese politischen Forderungen haben wir uns auch in den Koalitionsverhandlungen eingesetzt und freuen uns, dass diese nun in im Koalitionsvertrag aufgenommen wurden. Wir werden jetzt die Umsetzung der konkreten Maßnahmen intensiv politisch und fachlich begleiten. Dies wird in diesem Jahr vor allem die Mitarbeit am Oster- und Sommerpaket.

Solarenergie


Weitere sehr gute Nachrichten für Energiegenossenschaften lassen sich im Abschnitt zur „Solarenergie“ finden. Alle geeigneten Dächer sollen künftig für die Solarenergie genutzt werden. Für gewerbliche Neubauten soll dies verpflichtend und für private Neubauten die Regel werden. Die Solarenergie soll auf 200 GW bis 2030 ausgebaut werden. Bis Januar 2022 waren rund 59 GW Solarleistung in Deutschland installiert. D.h. in Deutschland müssen in den nächsten neun Jahren rund 141 GW insgesamt und rund 15,6 GW jährlich (Laut einer Analyse des EWI vom 6. Dezember 2021 steigt der jährliche Zubau auf 14,6 GW im Jahr.) an Solarstromanlagen zugebaut werden. Dies bedeutet eine Verdopplung des derzeitigen im EEG gesetzlich festgeschriebenen gesamten Solarzubaus von 100 GW bis 2030 und eine Verdrei- bis Vervierfachung des jährlichen Zubaus. Dafür sollen viele Hemmnisse aus dem Weg geräumt werden. Exemplarisch sollen Netzanschlüsse und die Zertifizierung beschleunigt, Vergütungssätze angepasst, die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen und die Deckel geprüft werden. Auch innovative Solarenergie wie Agri- und Floating-PV sollen gestärkt werden. Ferner soll die Förderung von Mieterstrom- und Quartierskonzepten im Rahmen der Überarbeitung des Steuer-, Abgaben- und Umlagensystems vereinfacht und gestärkt werden.

Im Rahmen der Eröffnungsbilanz wurden die Maßnahmen weiter konkretisiert. So sollen im Osterpaket u.a. die Fördersätzen und Ausschreibungsgrenzen angehoben, der Mieterstrom verbessert und die Flächenkulisse für Freiflächenanlagen unter Beachtung von Naturschutzkriterien geöffnet werden. Ferner spricht die Eröffnungsbilanz sogar von einer Erhöhung des jährlichen Solarzubaus auf 20 GW.

Fazit zur Solarenergie


Wenn diese Maßnahmen tatsächlich konkret und richtig umgesetzt werden, dann kann dies mit der Solarenergie das Hauptgeschäftsfeld der meisten Energiegenossenschaften wiederbeleben. Damit würde die zentrale Forderung der genossenschaftlichen Regionalverbände und der Bundesgeschäftsstelle während der Koalitionsverhandlungen und für die neue Bundesregierung umgesetzt. Hierzu müssen die Maßnahmen aber schnellstmöglich in Gesetzestext im Rahmen des Osterpakets fließen, damit sie schon im Jahr 2022 (rückwirkend) in Kraft treten. Außerdem muss die Zubaumenge von Solarstromanlagen kleiner 750 kW (bzw. 1 MW), deren anzulegender Wert nicht im Rahmen einer Ausschreibung ermittelt wird, in § 49 EEG von 2,5 GW auf rund 7,5 – 10 GW (Basisausbau gemäß § 49 Abs. 2, 3 EEG) erhöht werden. Zusätzlich müssen die gesetzlichen Förderansprüche von Solaranlagen kleiner 750 kW (bzw. 1 MW) kurzfristig schon für und ab 2022 (rückwirkend) erhöht werden. Die Ausschreibungspflicht für große Dachanlagen (bzw. alle Solarstromanlagen) muss auf 6 MW für Energiegenossenschaften und 1 MW für alle anderen Akteure angehoben und der atmende Deckel in § 49 EEG geändert werden, weil sonst die hohen solaren Ausbauziele nicht zu erreichen sind. Die Mieterstrom- und Quartierskonzepte könnten gestärkt werden, indem die gemeinschaftliche Eigenversorgung mit dem Eigenversorger gleichgestellt und insgesamt die Personenidentität zwischen Anlagenbetreiber und Letztverbraucher aufgehoben wird.

Auslaufen der Förderung der Erneuerbaren Energien


Leider findet sich versteckt im Kapitel „Kohleausstieg“ ein unschöner Punkt. Laut Koalitionsvertrag soll mit dem Kohleausstieg auch die Förderung der Erneuerbaren Energien auslaufen.

Fazit zum Auslaufen der Förderung der Erneuerbaren Energien


Aus Sicht der genossenschaftlichen Regionalverbände und der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften ist aufgrund des aktuellen Strommarktdesigns, insbesondere dem Merit-Order-Effekt, der aktuellen Börsenstrompreise bzw. der fehlenden Möglichkeiten die Börsenstrompreise auf 10 bis 20 Jahre zu prognostizieren, eine wirtschaftliche Investition in viele EE-Projekten ohne eine Förderung durch das EEG nicht möglich. Außerdem ist ohne eine EEG-Vergütung, eine Marktprämie oder ein anderes Instrument zur Refinanzierung der Kapitalkosten nur noch eine Unternehmensfinanzierung (anstelle einer Projektfinanzierung) möglich, d.h. die Fremdkapital-Finanzierung wird deutlich erschwert. Energiegenossenschaften mit ihren ehrenamtlichen Unternehmensstrukturen haben eine schlechtere Bonität im Vergleich zu großen Marktakteuren. Eine weitere Marktkonzentration wäre bei einer bloßen Abschaffung der Förderung der Erneuerbaren Energien die zwangsläufige Folge.

Aus unserer Sicht sollten die EEG-Vergütung und Marktprämie oder andere Instrumente zur Refinanzierung der Kapitalkosten bei EE-Anlagen so lange erhalten bleiben, bis marktwirtschaftliche Vermarktungsinstrumente oder der Strommarkt eine wirtschaftliche Investition in EE-Anlagen von allen Marktteilnehmern ermöglichen. Wir werden deswegen dieses Thema weiterhin umfassend politisch und fachlich begleiten, so dass auch weiterhin gewährleistet ist, dass Energiegenossenschaften an der Energiewende (unternehmerisch) teilhaben können.

Klimapolitik


Es ist ein sehr gutes Signal, dass laut Koalitionsvertrag die Erreichung der Klimaschutzziele von Paris oberste Priorität haben und alles dafür getan werden soll, dass Deutschland auf den 1,5-Grad-Pfad gebracht wird. Wie in der Einführung schon erläutert, liegt schon eine wissenschaftliche Analyse vor, die darlegt, dass die im Koalitionsvertrag vorgelegten Maßnahmen für die deutschen Klimaschutzziele in vielen Sektoren nicht ausreichen.

Das Klimaschutzgesetz soll noch im Jahr 2022 konsequent weiterentwickelt und ein Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen notwendigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen bis Ende 2022 auf den Weg gebracht bzw. abgeschlossen werden. Die geplante Auflösung der Sektorziele und Einführung einer sektorübergreifenden jährlichen Gesamtrechnung ist jedoch ein Fehler und fällt hinter das Klimaschutzgesetz der großen Koalition zurück. Dadurch droht die Nichterreichung der Klimaschutzziele im Gebäude- und Verkehrssektor.

Ferner soll der Kohleausstieg idealerweise bis 2030 vorgezogen werden. Ein Gasausstieg ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen. Stattdessen soll Erdgas für eine Übergangszeit unverzichtbar sein. Am Atomausstieg soll hingegen festgehalten werden. Der CO2-Preis soll erst einmal nicht erhöht werden.

Die Eröffnungsbilanz erläutert sehr detailliert und fundiert, wie der derzeitige Status Quo in der Klimapolitik in allen Sektoren ist und dass das Erreichen der Klimaziele bis 2030 eine enorme klimapolitische Herausforderung ist. So muss Deutschland jährlich drei Mal so viel Emissionen einsparen wie bisher. So wurden in 30 Jahren rund 40% erneuerbare Energien zugebaut. Jetzt müssen in neun Jahren noch einmal 40% geschafft werden.

Strommarktdesign und EEG-Umlage


In der Legislaturperiode 2021-2025 soll ein neues Strommarktdesign erarbeitet werden. Hierzu soll eine Plattform „Klimaneutrales Stromsystem“ eingesetzt werden, die schon in 2022 konkrete Vorschläge zusammen mit diversen Stakeholdern erarbeitet. Die genossenschaftlichen Regionalverbände und die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften werden sich auch in diesen Prozess politisch und fachlich einbringen, so dass die Interessen der Energiegenossenschaften gehört und gewahrt werden.

Die EEG-Umlage soll ab dem 1. Januar 2023 über den Haushalt aus den Einnahmen aus dem Emissionshandel und einem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt finanziert werden. In diesem Zusammenhang muss abgewartet werden, ob ausreichend finanzielle Mittel vorhanden sein werden, um die EEG-Umlage komplett abzuschaffen. Wenn die EEG-Umlage ab dann auf null abgesenkt ist, muss man dies auch bei der wirtschaftlichen Planung zukünftiger neuer Anlagenpacht- und Eigenversorgungsprojekte beachten.

Erneuerbare Energien


Insgesamt richtet der Koalitionsvertrag alles auf das Zeitalter der Erneuerbaren im Stromsektor aus. Der Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch soll von 65% auf 80% bis 2030 gesteigert werden. Der zugrundeliegende Bruttostrombedarf soll bei 680-750 TWh im Jahr 2030 liegen. Dies bedeutet eine Steigerung des EE-Stromanteils von den derzeit im EEG für das Jahr 2029 anvisierten 376 TWh auf 544-600 TWh. Noch im ersten Halbjahr 2022 sollen hierzu alle notwendigen Maßnahmen angestoßen werden, um den beschleunigten EE-Ausbau und die Bereitstellung der Flächen, insbesondere für die Windenergie an Land, zu erreichen.

Für den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien soll die Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich beschleunigt werden. So sollen u.a. Zulassungsbehörden durch den Einsatz von externen Projektteams entlastet und eine Klarstellung der Umsetzungsfristen für Genehmigungen vorgenommen werden.

Grün erzeugter Strom soll in der Erzeugerregion auch als grüner Strom genutzt werden können.

Ferner wollen die Koalitionäre die Beteiligung von Standort- und Nachbarkommunen an der Wertschöpfung für Freiflächen-Photovoltaik- und Onshore-Windkraft-Anlagen auf Bestandsanlagen ausdehnen und für Neuanlagen verpflichtend machen.

Windenergie an Land


Um den Zubau der Windenergie an Land wieder massiv zu beschleunigen sind laut Koalitionsvertrag neue Flächen sowie eine Lösung der Natur- und Artenschutzkonflikte mit der Windenergie an Land bzw. schnellere Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren von zentraler Bedeutung.

Die Verfahrensdauer soll mindestens halbiert werden. Zur Erreichung der Klimaziele liegt die Errichtung von Anlagen zur Erzeugung oder zum Transport von Strom aus Erneuerbaren Energien laut Koalitionsvertrag im öffentlichen Interesse und dient der öffentlichen Sicherheit. Dies wollen die Koalitionäre gesetzlich festschreiben und für solche Projekte unter gewissen Voraussetzungen eine Regelvermutung für das Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen des Bundesnaturschutzgesetzes schaffen. Außerdem soll sich für eine stärkere Ausrichtung auf den Populationsschutz, eine Klärung des Verhältnisses von Arten- und Klimaschutz sowie mehr Standardisierung und Rechtssicherheit, auch im Unionsrecht, eingesetzt werden.

Für die Windenergie an Land sollen zwei Prozent der Landesflächen ausgewiesen und dies soll im Baugesetzbuch geregelt werden. Auch in windschwachen Regionen soll der Windausbau deutlich vorangebracht werden. Wo bereits Windparks stehen, soll es ohne großen Genehmigungsaufwand möglich sein, alte Windenergieanlagen durch neue zu ersetzen. So wollen die Koalitionäre außerdem die Abstände zu Drehfunkfeuern und Wetterradaren kurzfristig reduzieren. Zusätzlich soll der Windenergieausbau bei der Ausweisung von Tiefflugkorridoren verstärkt berücksichtigt werden.

Im Gegensatz zum Koalitionsvertrag enthält die Eröffnungsbilanz ein Ausbauziel von über 100 GW bis 2030 und damit eine Verdoppelung der derzeit installierten Leistung.

Bioenergie und Wärme


Die Bioenergie in Deutschland soll laut Koalitionsvertrag eine Zukunft haben. Dazu soll eine nachhaltige Biomasse-Strategie erarbeitet werden. Laut Koalitionsvertrag werden sich die Koalitionäre für eine flächendeckende kommunale Wärmeplanung und den Ausbau der Wärmenetze einsetzen. Ferner wird ein sehr hoher Anteil Erneuerbarer Energien bei der Wärme angestrebt und will man bis 2030 50 Prozent der Wärme klimaneutral erzeugen. Außerdem soll ab 1. Januar 2025 jede neu eingebaute Heizung auf der Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden.

Laut Eröffnungsbilanz sollen die Neuanschlüsse an Wärmenetze bis Ende 2030 erhöht werden und die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) unmittelbar nach der beihilferechtlichen Genehmigung in Kraft treten. Ferner soll der Bau von Wärmenetzen langfristiger und besser finanziell ausgestattet werden, indem die Finanzierung der BEW deutlich aufgestockt wird.

Fazit zu Bioenergie und Wärme


Dies sind alles schöne Signale für die weitere Verdichtung von bestehenden genossenschaftlichen Nahwärmenetzen und für neue genossenschaftliche Nahwärmenetze, die in den nächsten vier Jahren in konkrete Maßnahmen fließen müssen, damit es nicht nur Signale bzw. Ziele bleiben.

Mobilität


Der Ausbau der Ladeinfrastruktur soll mit dem Ziel von einer Million öffentlich und diskriminierungsfrei zugänglicher Ladepunkte bis 2030 ressortübergreifend beschleunigt, auf Effizienz überprüft und entbürokratisiert werden. Ein Schwerpunkt soll dabei auf der Schnellladeinfrastruktur liegen. Die Koalitionäre wollen des Weiteren die Hemmnisse in Genehmigungsprozessen, bei der Netzinfrastruktur und den Netzanschlussbedingungen abbauen. Das bidirektionale Laden soll ermöglicht, für transparente Strompreise und einen öffentlich einsehbaren Belegungsstatus soll gesorgt werden.

Die Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen wollen die Koalitionäre darauf ausrichten, dass Deutschland Leitmarkt für Elektromobilität mit mindestens 15 Millionen Elektro-Pkw im Jahr 2030 ist.

Digitale Mobilitätsdienste, innovative Mobilitätslösungen und Carsharing sollen laut Koalitionsvertrag unterstützt werden.

Netze


Der Netzausbau soll schneller und verbindlicher auf allen Ebenen vorankommen. Hierzu sollen ebenfalls die Planungs- und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Die Verteilnetze sollen modernisiert und digitalisiert werden, indem diese u.a. vorausschauender geplant und steuerbarer werden.

Eine Reform der Netzentgelte soll vorangetrieben werden. Damit soll die Transparenz gestärkt, die Transformation zur Klimaneutralität gefördert und die Kosten der Integration der Erneuerbaren Energien fair verteilt werden. Hinter den letzten Stichwörtern kann sich eine Reform der Netzentgelte hinsichtlich einer Vereinheitlichung der Netzentgelte auf Verteilnetzebene und Kundeseite verbergen.

Smart-Meter und Speicher


Der Smart-Meter-Rollout soll erheblich beschleunigt und Speicher sollen als eigenständige Säule des Energiesystems rechtlich definiert werden.

Abschließendes Fazit


Für Energiegenossenschaften enthält der neue Koalitionsvertrag und die Eröffnungsbilanz vor allem in den Abschnitten zur „Bürgerenergie“ und „Solarenergie“ großartige Signale, wie sie wieder verstärkt, insbesondere unternehmerisch, an der Energiewende teilhaben können. Aber auch für alle anderen Genossenschaften, die im Energie- und Klimaschutzsektor aktiv sind, bieten die ersten offiziellen Dokumente große unternehmerische Potentiale. Dadurch können auch ihre Vorteile wie u.a. die Akzeptanzstärkung, aktive Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern vor Ort an der Energiewende, regionale Wertschöpfung und CO2-Einsparungen wieder verstärkt für die deutsche Energiewende zur Geltung kommen. Auch in anderen Bereichen wie z.B. bei der Wärme gibt es begrüßenswerte Anknüpfungspunkte für Maßnahmen, die auch Nahwärmegenossenschaften zugutekommen können. Für die deutschen Klimaziele insgesamt, muss der Koalitionsvertrag noch (erheblich) nachgebessert werden, sonst werden die Ziele verfehlt. Mit der Vereidigung der Ministerinnen und Minister am 8. Dezember 2021 begann nun für alle Beteiligten die eigentliche Arbeit, die Stichwörter aus dem Vertrag auch in konkrete sinnvolle Maßnahmen fließen zu lassen. So ist es höchst erfreulich, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit der Eröffnungsbilanz Klimaschutz am 11. Januar 2022 sehr schnell konkretere Maßnahmen und einen Zeitplan für zwei großes Gesetzespakete vorgelegt hat. Hervorzuheben ist dabei das Osterpaket, in dem bis Sommer u.a. das EEG grundlegend reformiert werden soll. Diese Prozesse werden die genossenschaftlichen Regionalverbände und die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV gemeinsam in den nächsten vier Jahren im Interesse der (Energie-)Genossenschaften intensiv fachlich und politisch begleiten, damit so viel wie möglich auch bei Ihnen ankommt. Über die (unternehmerisch entscheidenden) Ergebnisse werden wir die (Energie-)Genossenschaften selbstverständlich wieder schnellstmöglich und vollständig durch u.a. Newsletter und Veranstaltungen informieren.

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