Nachjustierung bei Bürgerbeteiligung und Energy Sharing notwendig
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 28. August 2024 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes im Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung veröffentlicht. Die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV hat die Möglichkeit genutzt, bis zum 10. September 2024 Stellung zu den Vorschlägen des Ministeriums zu nehmen.
Im Zentrum der Gesetzesentwurfs stehen Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes zur Anpassung von Vorschriften im Bereich der Endkundenmärkte an geänderte europarechtliche Rahmenbedingungen im Strom- und Gasbereich. Die Novelle sieht eine Beschleunigung des Netzanschlussverfahrens durch mehr Transparenz und Verbindlichkeit des Verfahrens vor. Außerdem soll sie zusätzliche Regelungen beinhalten, die einen sicheren und zuverlässigen Betrieb des Übertragungsnetzes garantieren und die Versorgungssicherheit gewährleisten. Zudem sollen basierend auf dem bestätigten Netzentwicklungsplan eine Vielzahl neuer Netzausbauvorhaben in das Bundesbedarfsplanungsgesetz aufgenommen werden, um zukünftig Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Gleichzeitig sind auch Änderungen im Planungsrecht (u.a. im Netzausbaubeschleunigungsgesetz) geplant, die diesem Zweck dienen sollen. Zudem sind Änderungen an weiteren Gesetzen vorgesehen, die allem voran die Berücksichtigung von Anwendungsverfahren und den Bürokratieabbau fördern sollen.
Wir lehnen ab, dass mit § 22b Abs. 6 S. 3 EEG-E eine Vorgabe für landesrechtliche Beteiligungsgesetze eingeführt werden soll, die in der Praxis de facto zu einer Verhinderung von aktiver Bürgerbeteiligung führen würde. Dies Regelung würde für Projektierungsgesellschaften den Anreiz setzen, sich immer für die einfach Zahlung einer Abgabe und gegen eine direkte Bürgerbeteiligung etwa in Form einer Energiegenossenschaft entscheiden würden (Näheres zu diesem Punkt hier). Wir befürworten, dass nach jahrelanger politischer und fachlicher Diskussion Energy Sharing nun endlich gesetzlich verankert werden soll. Dieses Thema haben wir im Interesse unserer rund 1.000 Energiegenossenschaften von Anfang an begleitet und uns für ein wirtschaftlich tragfähiges Energy Sharing im Sinne einer genossenschaftlichen Mitgliederversorgung eingesetzt. Allerdings bedauern wir, dass die geplante Umsetzung wirtschaftlich und rechtlich stark eingeschränkt ist.
In unserer Stellungnahme fordern wir daher:
1. § 22b Abs. 6 S. 3 EEG-E und damit der Benchmark von höchstens 0,1 ct/kWh Bürgerbeteiligung sollte gestrichen werden.
2. Energy Sharing sollte wie folgt im Gesetzgebungsverfahren verbessert werden:
a. Die Wirtschaftlichkeit von Energy Sharing sollte entweder durch die Zahlung einer Prämie oder reduzierte Strompreisnebenkosten sichergestellt werden.
b. Bürgerenergiegesellschaften gemäß § 3 Nr. 15 EEG 2023 sollte es möglich sein, Betreiber von in der gemeinsamen Nutzung eingebundenen EE-Anlagen gemäß 42c Abs. 1 Nr. 2 EnWG-E zu sein und weniger energiewirtschaftliche Rechte und Pflichten gemäß § 42c Abs. 7 EnWG-E erfüllen zu müssen.
c. Die Begrenzung der Stromlieferantenpflichten sollte auch für mehrere gewerbliche Kunden und öffentliche Verwaltung gelten.
d. Der Überschussstrom beim Energy Sharing sollte weiterhin nach dem EEG gefördert.
e. Die Festlegungskompetenz der Bundesnetzagentur in 21 Abs. 3 f) EnWG sollte für Energy Sharing angepasst werden.
f. Energy Sharing sollte zeitiger möglich sein.
g. Für Teilnehmende von Energy-Sharing-Projekten sollte die Preisobergrenzen des optionalen Einbaufalls entsprechend 30 Abs. Messtellenbetriebsgesetz gelten.
h. Für Energy Sharing sollten Musterverträge zentral erarbeitet und bereitgestellt werden. Ferner sollte eine zentrale (Info-)Anlaufstelle für Energy Sharing wie in Österreich eingerichtet werden.
3. Die Beschränkung für Bürgerenergiegesellschaften auf ein Projekt pro Technologie in einem festgelegten Zeitraum in 22b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 EEG 2023 sollte gestrichen werden.
4. Die Absenkung der negativen Preise sollte nicht für Ausschreibungsgebote gelten, die vor dem Juli 2024 abgegeben wurden.
5. Das Förderprogramm „Bürgerenergiegesellschaften“ sollte schnellstmöglich auf PV-Projekte ausgeweitet werden.
6. Die Fachagentur Wind an Land sollte finanziell schlechter ausgestattete KMU und Energiegenossenschaften mit ihrer Expertise auch bei PV-Dachanlagen-Projekten unterstützen.
7. Die Pachtpreise für Wind-an-Land- und PV-Freiflächenprojekte sollten gedeckelt werden.
Echte Bürgerbeteiligung und Energy Sharing gehören zu den wichtigsten Themen für Energiegenossenschaften, ebenso wie die wirtschaftliche Realisierbarkeit ihrer Erneuerbare-Energien-Projekte (EE-Projekte) im zukünftigen Strommarktdesign. Vor diesem Hintergrund stellen wir mit Bedauern fest, dass in den letzten Wochen politische Entscheidungen getroffen wurden, die es kleinen und mittelgroßen Akteuren erschweren, weiterhin am Strommarkt zu bestehen. Dazu gehört die Konzentration im BMWK-Optionenpapier auf produktionsunabhängige Fördermechanismen, die geplante Absenkung der Direktvermarktungsgrenze und die Streichung der EE-Förderung in Zeiten mit negativen Strombörsenpreisen. Als Bundesgeschäftsstelle setzen wir uns im weiteren Verlauf dafür ein, diese neuen Belastungen für die Energiegenossenschaften zu verhindern.
Wenn Sie durch die Deckelung der Bürgerbeteiligung, die Projektbeschränkung für Bürgerenergiegesellschaften, die Absenkung der Direktvermarktungsgrenze und die geplante Umsetzung von Energy Sharing Probleme mit Ihren EE-Projekten bzw. negative Folgen für ihre unternehmerischen Aktivitäten befürchten, sollten Sie sich mit Ihren Praxishinweisen an ihre:n lokale:n Bundestagsabgeordnete:n wenden. Diese finden Sie über die Wahlkreissuche auf der Internetseite des Bundestages hier.
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