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EEG-Novelle 2021


Einschätzung des Kabinettsentwurfes

9. Oktober 2020


Seit dem 23. September 2020 liegt der vom Bundeskabinett verabschiedeten Kabinettsentwurf zum EEG 2021 (EEG-E) vor. Aus Sicht der Energiegenossenschaften gibt es leider mehr Schatten als Licht. Insbesondere die weiterhin vorgesehene Absenkung der Ausschreibung auf Solarstromdachanlagen mit einer installierten Leistung unter 750 Kilowatt würde die Energiegenossenschaften besonders hart treffen. Hierzu haben wir uns in einer Pressemitteilung und einer Stellungnahme bereits geäußert.

Die hier vorliegende erste fachliche Einschätzung mit Fokus auf energiegenossenschaftliche Aspekte werden wir fortlaufend aktualisieren.

Energiegenossenschaften haben außerdem die Möglichkeit, sich in einem kostenlosen Webseminar informieren zu lassen und die geplanten Änderungen auch aus Praxissicht zu diskutieren.

A. Allgemein


1. Zeitplan

Am 14. Oktober soll der Round Table zu den Post-EEG-Regelungen für Windenergie an Land stattfinden. Die erste Lesung im Bundestag ist voraussichtlich für den 29. Oktober und die Anhörung zum EEG-2021-Entwurf für den 18. November geplant. Am 27. November oder 18. Dezember könnte dann der Bundesrat über den Gesetzesentwurf abstimmen.

2. Post-EEG-Anlagen (§§ 3 Nr. 3a, 21 Abs. 2, 23b, 25 Abs. 2 EEG-E)

Im Kabinettsentwurf finden sich erstmalig Regelungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen, die vor dem 1. Januar 2021 in Betrieb genommen worden sind und keine EEG-Vergütung mehr erhalten (sog. Post-EEG-Anlagen). Für die Post-EEG-Anlagen soll eine neue Einspeisevergütung geschaffen werden. So soll es eine Auffangvergütung in Höhe des Marktwertes abzüglich der Vermarktungskosten von 0,2 ct/kWh für den ins Netz eingespeisten Strom befristet bis zum 31. Dezember 2027 geben. Für Post-EEG-Anlagen über 100 kW soll die Regelung nur bis zum 31. Dezember 2021 befristet werden. Bis dahin soll insbesondere für die Windenergie eine neue Regelung erarbeitet werden. Solange Post-EEG-Anlagen über 100 kW keinen Smart-Meter eingebaut haben, sollen sie den kompletten Strom einspeisen müssen und im Umkehrschluss auch nicht für den Eigenverbrauch genutzt werden können.

3. Smart-Meter (§ 9, 10b EEG-E)

Der Kabinettsentwurf verschärft die Smart-Meter-Einbauverpflichtungen, die das Messstellenbetriebsgesetz eingeführt hat. So sollen unter gewissen Bedingungen sowohl Neu- wie auch Bestandsanlagen schon ab 1 kW installierter Leistung einen Smart-Meter einbauen müssen.

4. Negative Preise

Die Regelung in § 51 EEG-E sieht eine Ausweitung der bisher bestehenden Regelung im EEG 2017 zur Vergütung im Fall der von negativen Preisen vor. So soll für alle Neuanlagen ab 100 kW installierter Leistung die Vergütung schon ab einer Stunde negativer Preise entfallen.

B. Photovoltaik


1. Ausschreibungen für Photovoltaikdachanlagen (§§ 3 Nr. 4a, 4b, 23 Abs. 2 S. 3, 28a, 38c-38i, 54a EEG-E)

Es soll eigene Ausschreibungen für Photovoltaikdachanlagen (auf, an oder in einem Gebäude oder einer Lärmschutzwand) geben. Eigenverbrauch soll bei Anlagen, die über Ausschreibungen vergütet werden, nicht mehr zulässig sein.

Die Ausschreibungsgrenze für Photovoltaikdachanlagen soll zum 1. Januar 2021 von 750 kW auf 500 kW installierter Leistung abgesenkt werden.

Die Gebotstermine für die Photovoltaikdachanlagen sollen jährlich am 1. Juni und 1. August stattfinden.

Die vorgeschlagenen Ausschreibungsmengen für alle Technologien sehen wie folgt aus (Quelle: Kabinettsentwurf zum EEG 2021, BMWi, S. 89):

Das Ausschreibungsvolumen der neuen Ausschreibungen für Dachanlagen (zweites Segment) soll sukzessive erhöht werden. In den Jahren 2021 und 2022 soll das Ausschreibungsvolumen pro Jahr 250 MW betragen. Das jährliche Ausschreibungsvolumen soll sich für die Jahre 2023 und 2024 auf 300 MW und ab dem Jahr 2025 auf 350 MW erhöhen.

Die Ausschreibungssicherheit soll bei 70 Euro/kW und der Gebotshöchstwert bei 9,0 ct/kWh liegen.

Die Realisierungsfrist soll bei 12 Monaten nach Bekanntgabe des Zuschlags liegen.

2. Mieterstrom (§§ 24 Abs. 1, 48a EEG-E)

Das Lieferkettenmodell soll zukünftig ermöglicht werden. Beim Lieferkettenmodell tritt ein Energiedienstleister als Mieterstromlieferant auf und übernimmt die Strombelieferung von Letztverbrauchern im Rahmen eines Mieterstromprodukts.

Mieterstromanlagen sollen außerdem nicht mehr wie bisher räumlich zusammengefasst werden, sondern das zukünftige Abgrenzungskriterium soll derselbe Anschlusspunkt sein. D.h. Mieterstromanlagen könnten nicht mehr zusammengefasst werden, wenn sie von verschiedenen Anlagenbetreibern und nicht am selben Anschlusspunkt betrieben werden.

Der anzulegende Wert für den Mieterstromzuschlag soll gesetzlich festgelegt werden. So soll er:

bis 10 kWp: 3,79 ct/kWh

bis 40 kWp: 3,52 ct/kWh

bis 750 kWp: 2,37 ct/kWh betragen. Der anzulegende Wert soll sich entsprechend dem Degressionsmechanismus verringern.

3. Eigenversorgung (§ 61b Abs. 2 EEG-E)

Im Bereich der Eigenversorgung soll sich für EE-Anlagen bisher nur ändern, dass keine EEG-Umlage für eine EE-Anlagen bis 20 kW installierter Leistung aber nur 10 MWh Stromerzeugung zu zahlen ist.

4. Ausschreibungen von Freiflächenanlagen (§§ 22 Abs. 3 S. 2, 37 EEG-E)

Freiflächenanlagen bis 750 kWp sollen weiterhin von Ausschreibungen ausgenommen bleiben.

Zukünftig sollen Gebote auch auf Seitenrandstreifen bis zu 200 Metern und bis 20 MW bei den Freiflächenausschreibungen zulässig sein. Ferner soll die Gebotsobergrenze von 7,5 auf 5,9 ct/kWh abgesenkt werden.

C. Windenergie an Land


Für südliche Landkreise sollen im Rahmen der Windausschreibungen eine Südquote in Höhe von 15% der Ausschreibungsmenge (ab 2024 20% der Ausschreibungsmenge) eingeführt und im Gegenzug das Netzausbaugebiet gestrichen werden (§ 36d EEG-E).

Das Referenzertragsmodell soll angepasst werden, so dass zukünftig auch weniger windstarke Standorte zwischen 60 und 70% besser gefördert werden. So soll ein Korrekturfaktor von 1,35 für Windstandorte mit einem Gütefaktor von 60% eingeführt werden (§ 36h Abs. 1 EEG-E).

Mit dem neuen § 36k soll mehr oder weniger die finanzielle Beteiligung von Kommunen eingeführt werden, die das Bundeswirtschaftsministerium schon im Mai 2020 vorgestellt hat. So sollen neue Windenergieanlagen, die ab dem Jahr 2021 einen Zuschlag bei Ausschreibungen und eine Vergütung nach dem EEG erhalten, die freiwillige Möglichkeit bekommen, an die Standortkommune 0,2 ct/kWh zu zahlen. Die Anlagenbetreiber können sich das Geld vom Netzbetreiber wieder zurückholen und dieser kann es in die EEG-Umlage wälzen (§ 36k EEG-E).

Der Höchstwert in den Ausschreibungen soll auf 6,0 ct/kWh (§ 36b EEG-E) abgesenkt werden.

D. Biomasse


Das Ausschreibungsvolumen für Biomasseanlagen soll auf 350 MW (§ 28b EEG-E) und der Gebotshöchstwert auf 16,4 ct/kWh (§ 39b Abs. 1 EEG-E) erhöht werden.

Für Biomasseanlagen soll eine Südquote eingeführt werden, so dass zukünftig 50% des Zuschlagsvolumens in südliche Landkreise gehen soll (§ 39d EEG-E).

Ferner soll die Realisierungsfrist im Rahmen der Ausschreibungen von 24 auf 36 Monate verlängert werden (§ 39e EEG-E). Außerdem soll eine separate Ausschreibung für Biomethananlagen in südlichen Landkreisen mit einem Volumen von 75 MW eingeführt werden (§ 39j-m EEG-E).

Der Flexiblitätszuschlag wird von 40 auf 60 Euro/kW installierter Leistung erhöht (§ 50a EEG-E). Außerdem soll der Deckel bei der Umstellung von Biogasanlagen auf eine bedarfsgerechte Fahrweise (sog. Flexibilitätsprämiendeckel) aufgehoben werden (Anlage 3 Nr. I Nr. 5 EEG-E).

Erste politische Einschätzungen


Insgesamt enthält der vorliegende Kabinettsentwurf mehr Schatten als Licht für die Energiegenossenschaften.

Die unternehmerische Tätigkeit der Energiegenossenschaften würde besonders die geplante Einführung von Ausschreibungen für Solarstromdachanlagen behindern. So grenzt die Absenkung der Ausschreibungsgrenzen auf 500 kW das Hauptgeschäftsfeld der Energiegenossenschaften (Solarstromanlagen unter 750 kWp) weiter ein. Energiegenossenschaften haben kaum eine Chance bei Solarstrom- und Windausschreibungen. Deswegen dürfen Ausschreibungsgrenzen für Solarstromanlagen nicht weiter abgesenkt werden. Dies wird neben den anderen Forderungen wie der Einführung einer genossenschaftlichen Mitgliederversorgung (siehe das Positionspapier der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften) die Hauptforderung der genossenschaftlichen Regionalverbände und der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften beim DGRV im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens sein.

Zudem sind Energiegenossenschaften durch die fehlenden Anpassungen im Bereich der genossenschaftlichen Mitgliederversorgung / Energy Sharing, des atmenden Deckels für Solarstrom und der Eigenversorgung, die „finanzielle Beteiligung von Bürgern“ im Rahmen der Windausschreibungen bzw. die fehlenden gleichwertigen Wettbewerbsbedingungen in den Ausschreibungen insgesamt betroffen.

Ferner sind die Festlegung des 65%-Ziels mit einem angenommenen Stromverbrauch von 580 TWh realitätsfern und die dementsprechend hinterlegten Ausbaupfade für Erneuerbare Energien viel zu niedrig, um die deutschen Klimaziele zu erreichen. Die Ausbauziele für Photovoltaik, Windenergie an Land und Biomasse müssen erhöht werden. Beim Solarstrom müsste das jährliche Ausbauziel auf mindestens netto 5 GW im Jahr erhöht und ausgewogen auf die verschiedenen Marktsegmente verteilt werden.

Leicht positiv zu bewerten sind die Anpassungen im Mieterstrom (obwohl auch hier noch weitere positive Änderungen notwendig sind), die ersten Ansätze einer Regelung für Post-EEG-Anlagen (obwohl auch in diesem Bereich noch einiges passieren muss), die Einführung der Südquote bei Windenergieausschreibungen, die Anpassung des Referenzertragsmodells sowie die Erhöhung des Ausschreibungsvolumens, des Gebotshöchstwerts und des Flexibilitätszuschlags bzw. die Streichung des Flexdeckels bei Biomasseanlagen.

Die genossenschaftlichen Regionalverbände und die Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften appellieren daher an die Bundesregierung, den Bundestag und den Bundesrat im weiteren Gesetzesverfahren unbedingt Nachbesserungen im Rahmen der Absenkung der Ausschreibungsgrenzen, der Einführung der genossenschaftlichen Mitgliederversorgung, der Anpassung des atmenden Deckels und der Absenkung der Smart-Meter-Grenze vorzunehmen.

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